Nichts als Nieten,...(3)

Veröffentlicht auf 8. April 2013

"Tom? Du bist dran!"

Ein kurzes Nicken, ein tiefer Atemzug und vier Schritte bis zur Linie. Der rote Sand knirscht unter seinen Schuhen. Sein Gegner wartete schon, scharrt ungeduldig mit den Füßen und verwischt die weiße Linie.

"Na, Emo?" flüsterte der Zuversichtliche. Er. Gerade er mit den zu kleinen Augen, den schwarzen kurzen gelverklebten Haaren. Er, der genauso wenig hierher passt wie Tom. Doch Tom macht sich aus den Stänkereien nichts. Tom war in seinem Element. Es war wieder Zeit zu zeigen was er kann. Es war wieder Zeit alle sprachlos zu machen. Es wurde wieder Zeit unter all den Nieten die größte zu sein. Tom wusste, nur ER kann was ER kann.

Sie werden sehen, sie werden flehen...und sie werden wieder gehen, dachte sich der Nietenkönig und war siegesgewiss. Seinen Spruch immer wieder durchgehend, begab er sich in Startposition.

Das rechte Bein angewinkelt, die Zehenspitze genau an der weißen Linie. Das linke Bein kurz dahinter gesetzt, ebenfalls angewinkelt. Neun seiner zehn Fingerspitzen in den Sand gegraben. Der zehnte, der kleine rechte Finger fehlt ihm. Kurz schluckte Tom angespannt. Erinnert er sich nicht gern an den Angriff der Jungen seiner alten Schule.

Gleich ertönt der Startpfiff.

Tom schüttelte den Kopf. Schnell verscheucht er die Erinnerung zurück hinter die Barrikaden, wo sie herausgedrängelt kam.Aus dieser schmerzlichen Erfahrung ist er gestärkt daraus hervor gegangen. Diese Stärke wird er wieder nutzen, denn er weiß, dass ihn nur seine schnellen Beine vor den Verlust seiner ganzen Hand sicherten.

Plötzlich der Pfiff, er stößt sich ab und rennt und alle johlten und schrien durcheinander, feuerten seinen Gegner an. Toms Namen vergaßen sie diesmal auch nicht. Ein Wunder...

Die vermeintliche Niete, der verhasste Emo, der Merkwürdige, der stille Kerl, der Tellerwäscher, der Einzelgänger. All diese Personen, die ihm und seinen charakterlichen Facetten ähnelten und die allesamt seinen Namen verdeckt trugen, folgten ihm.

Jeder wusste plötzlich wer er war. Jeder staunte, was er konnte. Jeder nahm ihn wahr.

Der Wind pfiff, die Kleidung zerrte, der Sand knirschte, Toms Herz machte Freudensprünge. Tom war glücklich, ließ alles hinter sich und vergaß alles für diesen wunderbaren Moment des Laufens. Sein Gegner hechelte und wurde immer langsamer.

Doch die Ziellinie kam näher und Tom erinnerte sich wo er war. Ein letzter Sprung und er ist darüber hinweg gesegelt. Wurde langsamer und sank schlussendlich auf die Knie. Er keuchte und holte tief Luft, erholte sich und stand wieder auf.

Händeklatschen drang an sein Ohr. Es stoppte abrupt und alles war wieder ruhig. Er bekam die Medaille um den Hals gehängt und wurde wieder zum Unbekannten.

Mit müden Augen suchte Tom den Weg zurück in die Umkleidekabinen.

Wenn er sich umgezogen hat, würde er wieder nach Hause gehen, vielleicht sogar einen kurzen Abstecher an den See machen. Mit einem kurzen Blick zurück zu seinem sandigen Lieblingsplatz macht er sich umgezogen auf den Weg.

Doch diesmal wird Tom nicht alleine bleiben. Der Kuchenzerstörer wird ihn begleiten. So bekam Tom eine weitere Persönlichkeit, ein Freund.

ENDE

-Juli

Geschrieben von Juli

Veröffentlicht in #Nichts als Nieten, #Text

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